23. Mitgliederversammlung, Terlan 18.1.24 (Bericht)

Ressortdirektor Mobilität Martin Vallazza, TerlanerMagdalena von Dellemann (Gemeindereferentin Terlan), Walter Weiss (Präsident), Dr. Arthur Scheidle (Vizepräsident, Jury Bahnhof des Jahres), Philipp Kleewein (Vorstandsmitglied), Alois Vent (Vorstandsmitglied und Kassier).
21.01.2024

Präsident Walter Weiss konnte im Raiffeisensaal in Terlan eine große Anzahl an Mitgliedern begrüßen, weiters als Vertreterin der Gemeinde Terlan die Gemeinderefentin Magdalena von Dellemann, Vorstandsmitglieder und freiwillige Helfer. Gleich zu Beginn gedachte der Verein der im letzten Jahr verstorbenen Mitglieder, darunter Johann Passler (lange Jahre im Vorstand und Vizepräsident), Alois Selm (langjähriger freiwilliger Mitarbeiter am Erlebnisbahnhof) und Prof. Florin Florineth (Umweltschützer und einer der Kämpfer für die Wiederinbetriebnahme der Vinschgerbahn). "Die Förderung einer nachhaltigen Mobilität und der Ausbau des Bahnverkehrs haben dankenswerter hohen Stellenwert in Südtirol, nichtsdestotrotz gibt es noch Luft nach oben," so der Präsident einleitend. Den Raiffeisensaal in Terlan kann man auch bequem mit dem Zug erreichen, was viele Mitglieder nützten.

Walter Weiss erwähnte in seinem Tätigkeitsbericht, dass die fortlaufende Mitgliederzahl auf 1.474 angestiegen sei. Auch im Jahr 2023 konnten vielfältige Aktivitäten abgewickelt werden: Runde Tische und Aussprachen mit den Führungskräften in Sache Mobilität im Lande, Tagesfahrten (Sterzing-Kronplatz) und mehrtägige Reisen (England-Schottland), usw. Der Erlebnisbahnhof Schnalsthal war wieder stark besucht. Zwanzig freiwillige Helfer halten den am Laufen, wofür sich der Präsident besonders bedankte, unter anderem beim Koordinator Walter Pixner.

Der Präsident gab einen Ausblick auf die Vorhaben des laufenden Jahres. Und warf bereits einen Blick auf 2025, mit zwei wichtigen Jubiläen, 20 Jahre neue Vinschgaubahn und 25 Jahre Verein Freunde der Eisenbahn. Zwei gesellige Tagesfahrten mit der Bahn sind geplant: einmal mit der Nonstalbahn, von den Einheimischen schmunzelnd "vacca nonese" genannt - und zum anderen eine ins Pustertal nach Vierschach mit Auffahrt auf den Helm. Die traditionelle "Fernreise" führt im Oktober an 9 Tagen durch Portugal, mit vielen Bahnfahrten und kulturellen Besichtigungen. Jonas Werth vom Kooperationspartner Primusreisen stellte das Reiseprogamm kurz vor.

Kassier Alois Vent präsentierte die Jahresabschlussrechnung. Wie immer ist diese sehr ausgeglichen und es gibt ein solides  finanzielles Polster (Details im Anhang bei "Inhalte der Jahresversammlung"). Die Revisoren lobten in ihrem Bericht die umsichtige Geschäftsführung und empfahlen die Genehmigung der Jahresabschlussrechung: wurde einstimmig angenommen!

Als Gastvortrag berichtete der Direktor des Ressorts Mobilität, Martin Vallazza (der den verhinderten Landesrat Daniel Alfreider vertrat) von den Neuerungen im Bereich Südtiroler Bahnverkehr. Und da tut sich so manches. Er begann mit der Übersicht über die Klimaziele: die Nutzung der Bahn soll in den nächsten Jahren um das Vierfache steigen, die Radmobiltät stark ausgebaut und der Individualverkehr per Auto um 40% reduziert werden. Das sind ambitionierte Ziele und erfordere große Anstrengungen bei der weiteren Entwicklung der Bahninfrastruktur.
Die Elektrifizierung der Vinschgerbahn laufe nun nach Plan, derzeit werden die Masten für die Fahrleitung gesetzt und das neue, zukunftsweisende Signal- und Zugkontrollsystem ERTMS installiert. Mit einer elektrischen Zugförderung ist mit Fahrplanwechsel 2025/26 zu rechnen. Die neuen Züge vom Typ Coradia Stream der rennomierten Firma Astolm, mit drei Strom- und Sicherungssystemen (Österreich, italienische Linien und Vinschgaubahn) sind bereits in Bau. Neben den 15 Garnituren für Südtirol, würden nun auch weitere 6 von Nordtirol angekauft und gemeinsam mit den umgerüsteten Flirt bildeten diese Fahrzeuge eine ansehnliche Flotte. Die Züge sollen bekanntlich in Zukunft von Mals bis Innsbruck respektive bis Lienz durchfahren und somit umsteigfreie, eng getakte Verbindungen quer durchs Land bieten. Das Angebot an Verbindungen und Sitzplätzen erhöht sich dann beträchtlich. Bis die neuen Züge nach und nach geliefert werden, würden noch die Diesel-GTWs im Einsatz sein. Sie werden derzeit auf das neue Signalsystem umgerüstet, das bedeutet zunächst einmal mehr Ein-Wagen-Züge. Neben der Elektrifizierung der Vinschgerbahn starten heuer der Bau der Riggertalschleife und der Bau des Virgltunnels (um eine unabhängige Zufahrt der Meraner Strecke in den Bahnhof zu bekommen, zusammen mit der angestrebten Zweigleisigkeit ein großes Potentierungsvorhaben). Auch die Planung des neuen Bahnhofes St. Jakob (am Flughafen) ist soweit gediehen, dass die Arbeiten beginnen können. Das größte bahntechnische Vorhaben ist aber der Brennerbasistunnel, die Arbeiten laufen plangemäß weiter (z.B. ist im Bereich der Eisacküberquerung bei Franzensfeste die Ex-Baustelle wieder bepflanzt und ein Sportplatz darauf angelegt), der Streckenteil Franzensfeste-Waidbruck, fast gänzlich im Tunnel, werde nun angegangen. Auch beim Neubau des Bahnhof Bozens tue sich was: nun ist geregelt, dass der Schienennetzbetreiber RFI den Bahnhof bauen wird, während die Bebauung des Areals in mehrere Lose aufgeteilt ist und nicht mehr nur ein Investor agieren wird. Weiterhin auf der Agenda ist auch die Bahnverbindung in die Schweiz, da soll der Druck auf die Gremien in Graubünden verstärkt werden. Martin Vallazza auch berichtete von einem Besuch in Wien bei den Siemens-Werken. Dort konnten der neue Brenner-Railjet besichtigt werden (kommt ab April zum Einsatz), sowie auch der neue Schlafwagenzug der ÖBB Nightjet (schon im Einsatz auf der Strecke Innsbruck-Hamburg und mit neuem Konzept, z.b. mit Kojen, welche eine größere Privatsphäre ermöglichten). Auch eine Service-Werkstatt habe man besucht und dabei Anregungen für die neue Zugunterhaltungsanlage in Bozen Süd erhalten. Der Ressortdirektor erwähnte auch die Verlängerung des wöchentlichen Nachtzuges Rom-Bozen bis Innichen, eine gute Initiative, wenngleich der Zug bei Verspätungen ein Problem für den Taktverkehr im Pustertal darstellt. Trenitalia plant auch für 2025/26 Qualitätszüge für die Kurse Rom-München, respektive Mailand-München, welche auch für Südtirol von Interesse sind. Und der Güterverkehr? Mit den Holzzügen vom Bozner Bahnhof sind wieder Waggons in Südtirol beladen worden. Es braucht allerdings zumindest einige Ladegeleise im Lande, Branzoll wäre dafür wohl ein geeigneter Bahnhof. Alles in allem ein umfangreiches Panorama an Aktivitäten und Initiativen im Bahnbereich. Braucht es da noch unseren Verein? Vallazza dankte dem Präsidenten Weiss und dem Verein für seinen Einsatz, nein, der Verein werde keinesfalls überflüssig, es brauche auch künftig eine konstruktive Begleitung und das Einbringen von Ideen bei der Umsetzung der vielen Vorhaben! "Bleibt Botschafter für die Eisenbahn!", so der Tenor.

Arthur Scheidle ließ als Juryleiter der bewährten Aktion "Bahnhof des Jahres" die Katze aus dem Sack: Bahnhof des Jahres 2024 (der 12. Ausgabe des Wettbewerbes) wird Bruneck! In der Begründung wird unter anderem angeführt, dass das Konzept eines Mobilitätszentrums vorbildlich umgesetzt wurde, die Bahnsteige von allen Seiten gut zugänglich sind und die Anbindung an das Fahrradnetz. Es gibt Fahrradboxen für das Einstellen von teilweise kostbaren Rädern. Es gibt einen mit Personal besetzten Fahrkartenschalter. Sogar die Ansage in ladinisch wurde positiv vermerkt. Die Verleihung der Auszeichung sei auch diesesmal - wie schon in Brixen - auch als Ansporn zu weiteren wichtigen Maßnahmen zu sehen, wie die Sanierung des historischen Hauptgebäudes (aus dem Jahre 1871) mit kluger Nutzung der leerstehenden Kubatur: Gastronomische Einrichtungen, Vereinslokale und touristische Einrichtungen zum Beispiel könnten den Bahnhof beleben. Mehr dazu in der Begründung für die Vergabe der Auszeichnungen in der Präsentation "Inhalte der Jahresversammlung".

In der anschließenden Diskussion wurde angeregt, den Bahnhof Innichen in "Innichen-Sexten" umzubenennen, im Hinblick auf die Kultur- und Tourismusregion Sexten-Drei Zinnen. Martin Vallazza gab zu bedenken, dass die Kosten dafür um die 150.000 € ausmachten und dass dann auch mehrere andere Umbenennungen gewünscht würden. Man müsse überlegen.
Bemängelt wurde die späte Ausgabe der gedrückten Fahrpläne, erst lange nach dem Fahrplanwechsel.  Eine Abhilfe - so Martin Vallazza - würde die Vorverlegung des Endtermins der Fahrplangestaltung sein. Bislang habe man noch bis zuletzt Änderunngen zugelassen, anders als z.B. in der Schweiz. Eine Fahrplangesamtausgabe ist nicht mehr geplant, die bezirksbezogenen Fahrpläne werden aber weiter in Papierform erscheinen, es gäbe eine Sammelbox für alle Ausgaben.
Ein Teilnehmer beanstandete die über längere Zeit mangelhaften Anzeigen auf den Monitoren in Klobenstein. [inzwischen behoben, 5.2.24] Im ganzen Lande würden Anzeigen in Bussen schon länger nicht mehr realitätsgetreu dargestellt, wenn überhaupt und das würde die Fahrgäste, vor allem Gelegenheitsfahrer wie Touristen, verwirren. Martin Vallazza versprach Verbesserung bei einer geplanten erneuten Softwareanpassung im Februar. Grund sei die groß angelegte digitale Umstellung. Alle Busse haben nun einen neuen Bordcomputer und im ganzen Lande gäbe es neue Entwerter. An den Bahnhöfen sind neue Fahrkartenautomaten aufgestellt worden.
Ein Thema war auch der oft ausfallende oder verspätet verkehrende Railjet nach/von Wien. Da müsse was geschehen, so Martin Vallazza, Südtirol würde auch mehr als 1 Million € für diesen Dienst jährlich zuschießen. Ein Grund seien auch fehlende Ersatzgarnituren italienfähiger Railjets. Die Landesverwaltung werde jedenfalls mit den ÖBB verhandeln.

Die Jahresversammlung klang mit einem geselligen Zusammensein mit Getränken und snacks aus.

Siehe auch Bericht der Zeitung "Dolomiten" vom 20.1.24, Seite 16 (unten).

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